Die verhängnisvolle Faschingsnacht
Der Artikl is im Dialekt Weanarisch gschriem worn. |
Die verhängnisvolle Faschingsnacht is a Poss'n mit G'saung in drei Aufzüg' vom Johann Nestroy. Des Stückl is 1839 entstaund'n und aum 13. April vom söwich'n Joahr ois Benefiz-Vuastöllung füa'n Nestroy sei Leb'nsg'fäahtin Marie Weiler easchtmois aufg'füaht wua'n.
Daten | |
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Titl: | Die verhängnisvolle Faschingsnacht |
Goddung: | Posse mit Gesang in drei Aufzügen |
Originalsproch: | Deutsch |
Autor: | Johann Nestroy |
Literarische Voarlog: | „Ein Trauerspiel in Berlin“ von Karl von Holtei |
Musi: | Adolf Müller senior |
Eascheinungsjoar: | 1839 |
Uaauffiahrung: | 13. April 1839 |
Oat vo da Uaauffiahrung: | Leopoldstädter Theater in Wean |
Oat und Zeid vo da Handlung: | Die Handlung spielt in einer großen Stadt[1] |
Personen | |
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Inhoit
WerkelnAuf'n Moaktplåtz jaummat de Sepherl z'eascht da Kräutlarin Frau Everl, nåcha aa no iah'n auf B'suach kummanan früachan Dienstgewa Tatelhuber vua, dass's vo da Helene, dera Gattin vom Tatelhuber sein Sohn Philipp, so schlecht behaund'lt wiad:
- „[…] ich begreif' gar nicht, wo so a noble Frau das alles her hat: Trabant, Landpatsch, Trampel, das sein noch die besten Wörter, die ich krieg'.“ (Erster Aufzug, zweiter Auftritt)[3]
Da Lorenz, da unhamlich eifasüchticha Liabhåwa vo da Sepherl, glaubt owa, dass de Gespräch a G'spusi sei kenntat und nimmt se vua, dass a de zwaa bespitz'ln tuat. Da Tatelhuber seinaseits mechtat si ois vakleidet's Hoizweib an Eindruck vom Lorenz' sein Charakta måch'n. In da Ehe vom Philipp håt de reiche Helene allani des große Wuat, se låsst zua, dass da Herr vo Geck um sie umadumschawenz'lt und des Kind wiad völlich vazog'n.
Währenddem de gaunze Famülie zu an Maskenball geht, låsst da Schwaga vo da Helene, da Taubenherz, dea wo auf de riesiche Eabschåft spekuliat, des Kind vom Heinrich mit da Hüif' vom Jakob („Ich bin der Mann, der ums Geld alles tut“) und vo da Katherl entfüah'n. De Sepherl entdeckt z'spät des Vabrech'n und vafoigt de Kindsrauwara. Da Lorenz glaubt, in iahra Åbwesenheit an neuch'n Beweis füa de Untreu entdeckt zum hau'm, mechtat se drum mit da Wäscherin Nani trest'n und räsoniat:
- „Kleine Seelen lamentieren, hochherzige Männer nehmen sich eine andere, und die ganz großen Geister haben schon immer eine im Vorrat, so wie es jetzt bei mir der Fall is'.“ (Dritter Aufzug, erster Auftritt)[4]
Da Kuab mit'n entfüaht'n Kind wiad vom Lorenz vasehentlich mit'n Wäschkuab vo da Nani vatauscht und de Sepherl kaunn in Taubenherz und seine Kompliz'n duach de Nåchtwåchta arretia'n låss'n. Des Kind wiad vo Lorenz, dea wo imma no glaubt, a Wäsch' ins Haus z'brina, wiedarum z'ruckbråcht. De Helene is gaunz zakniascht, und nimmt in Tatelhuber sein Vuaschlåg au, auf an Laundguat a neuch's Leb'n auz'faunga. De Sepherl wiad ois de wiakliche Kinds-Rettarin g'feieat, da Lorenz eakennt sein Föhla und da Tatelhuber sågt eahm's aa recht deutli:
- „Und dem Herrn gratuliere ich zu seinem hübschen Weib, er hätte als Holzhacker gar keine bessere Wahl treffen können, denn das Madel ist so brav, so gut und geduldig, daß er auf ihr Holz hacken kann. Viktoria, Kinder!“ (Dritter Aufzug, vierzehnter Auftritt)[5]
Weaksg'schicht'
WerkelnDe Vualåg füa'n Nestroy sei Stückl woa des Drama „Ein Trauerspiel in Berlin“ vom Karl vo Holtei, des wås in Berlin 1837 aum Aufaung a großa Bühnaneafoig woa. Da Nestroy håt ziemli genau de Haundlung üwanumma, owa a gaunz an aunas End vafåsst. Aus dem unhamlich pathetisch'n und üwaspaunnt'n „Ehrgefühl“ vom Holteisch'n Tåglöhna Franz måcht a den genauso üwaspaunnt'n und auf sei vameitliche "Ehre" stoiz'n Hoizhåcka Lorenz, a Karekatua vo dem totäu vakitscht'n schlicht'n Bealina. Da Lorenz is de Hauptfigua mit ana unhamlich egoistisch'n Eifasucht, owa aa mit ana gaunz nåch Wean passend'n spaunnend'n Kriminäug'schicht. In Nestroy is gelunga, mit seina Språchkunst de Eig'nheit'n vo dera Figua ois an si söwa füa Höchares gebua'n fühlat'n Proletaria zum zag'n.
In da uasprünglich'n Origenäuhaundschrift vom Nestroy, an eascht'n Konzept mit aniche Peasonannauman, wiad da Schluss no a biss'l aundas beschrieb'n: da Lorenz beleidicht de Sepherl duach sei grundlose Eifasucht auf'n Geck und sei G'spusi mit da Nani (då hasst's no Nanni) so stoak, dass' eahm in G'stieß (= Laufpåss) gibt und in oid'n Tatelhuber aus Vanunftgründ' heirat'n mechtat.[6]
Seit da Direkta Carl Carl neb'n an Theater an der Wien aa no's Leopoldstädter Theater üwanumma håt, san seine zwaa Zugpfead Nestroy und Scholz imma häuficha getrennt auf de Bühne g'schickt wua'n. In dem Stückl san's olladings wieda z'saumman, da Nestroy håt in Hoizhåcka Lorenz, da Scholz in Pächta Tatelhuber, da Franz Gämmerler in Philipp, da Direkta Carl söwa in Geck, da Ignaz Stahl in Taubenherz, da Alois Grois in Jakob und de Benefiziantin Marie Weiler de Nani g'spüit.[7]
Füa de Schauspülerin Eleonore Condorussi ois Sepherl håt da Nestroy easchtmois de Figua vom späta so genaunnt'n weanarisch'n „süßen Mädel“ vafåsst – wia's daunn da Arthur Schnitzler (1862-1931) beschrieb'n håt. De Condorussi woa zwoa scho seit 1829 auf'n Carl sein Theata tätich, aa scho in früachare Nestroy-Stückln, is olladings eascht duach de Sepherl-Roi'n so richti bekaunnt wua'n. In da Wiener Theaterzeitung woa üwa iah G'spüi zum les'n:
- „Von den Darstellern verdient zunächst Dlle Condorussi höchst ausgezeichnetes Lob. […] Das Publikum, hingerissen von ihrem meisterliche Spiel, rief sie […] dreimal enthusiastisch hervor.“
Draufhin woa de Condorussi aa in de nächst'n vom Nestroy b'sundas füa sie g'schriebanan Roi'n so eafoigreich und des Vahöitnis zu eahm off'nboa so eng, dass schließli sei Leb'nsg'fäahtin Marie Weiler boid drauf dafüa g'suagt håt, dass's kane weita'n (Haupt-)Roi'n kriagt håt und de Kontakt' untablieb'n sa'n.
Da Karl vo Holtei woa gekränkt, weu sogoa in Noaddeitschlaund sei Trauag'spüi wenig g'schätzt und aufg'füaht wua'n is, ois in Nestroy sei Weana Parodie. A etliche Jahrln späta håt a im Almanach für Freunde der Schauspielkunst g'schrieb'n:
- „Während ich mich bestrebt habe, in meinem Original Leute aus niederen Ständen ihrem trüben Geschicke zum Trotz von Innen heraus als edle Naturen darzustellen, hat Herr Nestroy nach der ihm eigenen Weise sich die Aufgabe gestellt, in seiner Umgestaltung dieses Bestreben als ein sentimental-lächerliches zu bezeichnen und namentlich das Ehrgefühl des Franz zu persiflieren. Vielleicht weil ihm dies so gut gelungen, hat die 'Faschingsnacht' ihren Weg über weit mehr Bühnen genommen als mein vergessenes Trauerspiel […]“[8]
Zeidungskritik
WerkelnDe Begeistarung vom Publekum woa stüamisch, de Kritik is se owa net gaunz sicha g'wes'n, ob's liaba lob'n („kerngesundes lebensfrisches Lokalbild“) oda eha üwa de Doastöllung vo an Kindsraub in ana Komödi schimpf'n soittat.
Im Adolf Bäuerle seina Wiener Theaterzeitung håt a ungenaunnta Kritika (vamutlich da Nestroy-Vuagänga Carl Meisl) g'schrieb'n:
- „Das neue Stück des genialen Nestroy 'Die verhängnisvolle Faschingsnacht' macht im Sinne des Wortes Furore. Gestern wurde es zum dritten Male bei überfülltem Hause gegeben und der Beifall war wieder so stürmisch und einmütig wie bei der ersten Vorstellung.“[9]
Spätare Fåchkritik
WerkelnDa Otto Rommel nennt 1948 des Stückl a Mustabeispüi füa de Weak, de im Alt-Wiener Volkstheater ois „parodierende Posse“ bezeichn't wua'n san. Damit is g'mant, dass a uasprünglich ois Parodie entstaundan's Theatastückl so vü komische Kråft besitzt, dass sa si in da Richtung Poss'n söwa weida entwick'lt. Da Holtei hättat de „armen, aber ehrlichen“ Leutln in d' Mitt'n g'stöit, da Nestroy dageg'n denan eahna Unnatua und Vakraumpftheit duach de Natüalichkeit vo seine Haundlungsträga meah ois glickli vabessat.[10]
Scho früacha, nämli 1908, håt da Rommel de verhängnisvolle Faschingsnacht a guat gelungane Beoawatung g'hass'n. Obwoi da Nestroy a jede anzölne Szene – maunkesmoi sogoa Wuat füa Wuat – beim Holtei entnumma hättat, warat endli då draus wås gaunz Neich's entstaund'n. Wia'r a jede guate Parodie kenntat ma'r aa des Stückl geniaß'n, ohne dass ma de Vualåg kenna muass.[11]
In seine Lesungan vo de Nestroysch'n Weak' in ana gaunz eiganen Beoawatung[12] håt da Karl Kraus b'sundas auf de Text-Feinheit'n in dera kuaz'n Szene (1. Aufzug, 9. Auftritt[13]) zwisch'n in Lorenz und da Frau vo Schimmerglanz hig'wies'n.[9]. Des Couplet vom Lorenz („Holzhacker-Lied“) is vom Karl Kraus meahfåch vuatråg'n wua'n; es is in da Saummlung „Lyrik der Deutschen“ ohdruckt.[14].
Literatua
Werkeln- Helmut Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. Johann Nestroy, sein Leben. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-7973-0389-0.
- Franz H. Mautner (Hrsg.): Johann Nestroys Komödien. Ausgabe in 6 Bänden, Insel Verlag, Frankfurt am Main 1979, 2. Auflage 1981, 3. Band. .
- Otto Rommel: Nestroys Werke. Auswahl in zwei Teilen, Goldene Klassiker-Bibliothek, Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin/Leipzig/Wien/Stuttgart 1908.
- Otto Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, dritter Band, Verlag von Anton Schroll & Co., Wien 1948–1949, neue Ausgabe 1962; S. 341–416, 708–713, 725–726.
im Netz
Werkeln- Zeitgenössische Kritik: Allgemeine musikalische Zeitung, Breitkopf und Härtel, 1839; Band 41, S. 384-385. (ohg'ruaf'n aum 8. Februar 2014)
Beleg
Werkeln- ↑ damit is Wean g'mant
- ↑ im Weanerisch'n haaßt Tatelhuber a oida Mensch, des kummt von Tatl = Tattergreis.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 344.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 404.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 416.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 710–713.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 342.
- ↑ Ahrens: Bis zum Lorbeer versteig ich mich nicht. S. 206–211. (füa'n gaunz'n Åbsatz „Weaksg'schicht'“)
- ↑ 9,0 9,1 Mautner (Hrsg.): Johann Nestroys Komödien. S. 357.
- ↑ Rommel: Johann Nestroy, Gesammelte Werke. S. 709–710.
- ↑ Rommel: Nestroys Werke. S. LIV–LV.
- ↑ Volker Kahmen: Verehrte Fürstin: Karl Kraus und Mechtilde Lichnowsky; Briefe und Dokumente, 1916-1958. Wallstein Verlag, 2001, ISBN 978-3-89244-476-3; S. 234.
- ↑ Lorenz (sich ihr nähernd) Geh'n Euer Gnaden vielleicht um a Holz?
Schimmerglanz (sieht ihn vornehm über die Achsel an und sagt dann zu ihrem Bedienten) Sage Er ihm: Nein! (Geht ihre Wege fort)
Bedienter (zu Lorenz) Nein, wir nehmen's vom Greisler. - ↑ Christian Wagenknecht: Lyrik der Deutschen, für seine Vorlesungen ausgewählt von Karl Kraus, edition text + kritik, München 1990, ISBN 978-3-88377-379-7, S. 109. Text: textlog.at
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